ART, 10/Oktober 1993: Herbstsalon


Gabriele Langendorf

Diabolische Augenblicke im Rasterbau

Die Sonne scheint, der Strand ist hell, das Wasser funkelt blau. Exotische Blumen verbreiten Ferienstimmung. Doch das heitere Bild ist brüchig. Graue, kasernenähnliche Betonkästen beherrschen die Idylle in trostloser Einförmigkeit. Die Bauten, Wahrzeichen des Nachkriegswohlstands und der Anonymität, sind das Thema der Gemälde von Gabriele Langendorf. „Alle meine Häuser existieren in der Wirklichkeit“, sagt die Künstlerin. Das Konstruktionsprinzip des Massenbaus, gleiche Elemente endlos zu wiederholen, übernimmt sie in ihre Arbeit. Aus Papier schneidet sie Schablonen aus, befestigt sie an den Leinwänden und tupft danach mit einem farbgetränkten Schwämmchen ein Bildraster nach dem anderen. Dabei entspricht der Geduldsarbeit immer gleicher Handbewegungen die Monotonie der Architektur. Ein Ornament entsteht, das schließlich als petuniengeschmückte Betonfront erkennbar wird.

Gabriele Langendorf will mit ihren Werken „Schemata der Realität“ darstellen. Die menschenleeren Bilder strahlen Sterilität aus und bannen jenen unheimlichen Moment, an dem Realität ins Absurde umkippt. Die Künstlerin selbst ist von solchen Verschiebungen der Wahrnehmung fasziniert: „Ich versuche, diesen diabolischen Augenblick festzuhalten.“

Eva Karcher